Vorwort zur Erstellung des Gutachtens
Das Gebiet der Blunkerbach-Niederung ist eines der letzten Braunkehlchen-Brutvorkommen außerhalb der Flächen der Stiftung Naturschutz und der EU-Vogelschutzgebiete in Schleswig-Holstein.
Der erhebliche Bestandsrückgang aller bodenbrütenden Wiesensingvögel ist insbesondere auf einen unzureichenden Bruterfolg zurückzuführen, als Folge von direkten Nestverlusten durch Mahd oder indirekten Verlusten durch das Freilegen von Nestern durch Mahd. Im ersten Fall werden die Nester beim Mähen der Wiesen direkt zerstört, im zweiten Fall werden die Felder so dicht am Zaun freigemäht, dass es für die Räuber der Nester (Marder, Fuchs, Marderhund, Dachs, u.ä.) ein Leichtes ist, die Brutplätze aufzufinden und die Eier oder die Jungvögel direkt zu verspeisen.
Das Braunkehlchen als Langstreckenzieher kommt zudem relativ spät in die hiesigen Brutgebiete (oft erst im Mai) und bringt daher zeitlich nur eine einzige Jahresbrut zustande, während das Schwarzkehlchen bei einem Gelegeverlust durchaus eine zweite, manchmal sogar eine dritte Brut beginnt. Bleibt die einmalige Brut des Braunkehlchens erfolglos, ziehen die Braunkehlchen ohne Junge wieder in ihre Winterquartiere ab. Diese Besonderheit des Braunkehlchens trägt sehr zu seinem dramatischen Verschwinden in Deutschland bei.
Darüber hinaus fehlt dem Braunkehlchen infolge der überwiegend intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsweise eine vielgestaltige Landschaft mit unterschiedlichen Vegetationsstrukturen und Lebensräumen für Insekten.
Nur auf vielfältigen und auf ungemähten Wiesen und Weiden können sich Gräser versamen und nur diese Flächen können als Lebensraum für Insekten dienen. Ohne Samen und Insekten überleben keine Wiesenvögel - so einfach ist der Zusammenhang! Hier gilt es also, im Dauergrünland auch Habitate zu ermöglichen, die Vögel ernähren können. Es reicht zum Schutz der Wiesenvögel nicht aus, einzelne Arten auf Rote Listen zu setzen. Sie sterben trotzdem, wenn wir die Habitate nicht schützen.
Ein weiterer Punkt ist insbesondere für das Braunkehlchen erwähnenswert: Selbst wenn noch gute Lebens- und Ernährungsbedingungen an wenigen bestimmten Orten - wie der Niederung am Blunkerbach - für diese Vogelart vorhanden sein sollten, sind diese Vögel auf eine Besonderheit der landschaftlichen Gestaltung angewiesen: Zäune!
Braunkehlchen brauchen Zäune als Ansitzwarten. Von hier aus fliegen sie in die Wiesen und Wiesen-Randstreifen hinein und jagen dort nach Insekten, um sich schließlich wieder auf eine Sitzwarte zurückzuziehen und erneut Ausschau für die nächste Jagd zu halten. In einer Agrarlandschaft, in der wegen der verschwindenden Viehhaltung auf Feldern auch die Zäune zurückgebaut wurden, fehlen den Braunkehlchen ihre existenzgrundlegenden Sitzwarten. Wenn es dann auch keine langen Halme oder vorjährigen Blütenstände von ungemähten Pflanzen mehr gibt, weil die Landwirte ihre Flächen „sauber und ordentlich“ hinterlassen wollen, können die Braunkehlchen tatsächlich nicht überleben und verschwinden. Alte Zäune und ungemähte „unordentliche“ Weideränder sind daher ein überlebensnotwendiger Bestandteil der typischen Habitate von Braunkehlchen, wie auch von anderen Wiesensingvögeln.
Im Kreis Plön ist auf diese Weise (fast) der gesamte Bestand an Braunkehlchen erloschen.
Das Gebiet der Blunkerbach-Niederung ist jedoch in mancher Hinsicht noch genügend gut geeignet für die grundlegenden Lebensbedingungen vieler Wiesensingvögel. Wir haben hier noch eine relative Vielgestaltigkeit des Lebensraumes und landwirtschaftliche Bewirtschaftungsweisen von Intensiv- wie auch Extensivbetrieben. Das ist ausgesprochen gut und erhaltenswert.
Um die Naturschutzbehörden des Kreises (UNB) und des Landes (LLUR) auf die Besonderheit der Niederung am Blunkerbach aufmerksam zu machen, beschlossen wir, dass unsere Beobachtungen über die Besonderheit der hier noch existierenden Arten und ihre Vielfalt unbedingt auch fachlich-professionell belegt sein sollten.
Dazu mussten die Brutvorkommen der gefährdeten Arten, die wir seit drei Jahren – als Laienornithologen - beobachtet hatten, erfasst und ihre Existenz auch fachlich nachgewiesen werden.
Braunkehlchen, Schwarzkehlchen, Wiesenpieper, Neuntöter, Lerche und Kiebitz waren uns inzwischen vertraute Arten am Blunkerbach, aber wer nimmt das außer uns wahr und vor allem, wer nimmt diese Beobachtungen ernst?
Wir entschlossen uns, ein ornithologisches Gutachten von einem professionellen Ornithologen erstellen zu lassen, das insbesondere die Wiesensingvögel in den Blick nehmen sollte.
Wir konnten den Biologen und Ornithologen Bernd Koop aus Plön für diese Aufgabe gewinnen und sind sehr beeindruckt von den über unsere Erwartungen weit hinausgehenden Ergebnissen, die wir hier der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen.